Exposé

Nikolaus Potapow, IDM22 Design Research FH Joanneum Graz

*Stellen Sie sich vor, Sie sind bei Freunden eingeladen, die Stimmung ist heiter und das Essen schmeckt so gut, dass Sie den Gastgeber nach dem Rezept fragen. Geschmeichelt sagt er Ihnen, dass das Geheimnis im Fleisch liegt: Es ist das Fleisch eines Golden Retrievers.

Wie würden Sie reagieren? Albert Schweitzer Stiftung*

Trends & Megatrends

Plant Based X Glokalisierung

Schwerpunktthema dieser Arbeit soll der Megatrend Plant Based – also pflanzenbasierte Ernährung als bewusster Kontrapunkt zu tierischen Lebensmitteln – darstellen. Ein Blick auf die Megatrend-Map des Zukunftsinstituts zeigt, dass diese Entwicklung als Teil des Megatrends Neo-Ökologie eingeordnet werden kann, der auch Themen wie Direct Trade, Post-Wachstum oder Glokalisierung einschließt. Der auf der Karte dargestellte Bezug zum Feld Open Innovation führte schließlich zum ersten Ansatz, Verständnis für die heute oft kritisch beäugten, pflanzenbasieren Lebensmittel gerade in ihrer Verwendung als ›Fleischersatz‹ zu schaffen, in dem lokale Ressourcen eigenhändig zu schmackhaften Lebensmitteln verarbeitet werden können.

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Quelle: Zukunftsinstitut

Trends & Gegentrends

Da Wissen um die Herkunft von Begriffen und Trends stets Basis für eine fundierte Designarbeit darstellt, ist die Frage nach den Ursprüngen des heutigen Plant Based-Phänomens durchaus wichtig. Einen wichtigen Pfeiler stellt dabei mit Sicherheit die seit Jahrzehnten zunehmende Industrialisierung der Landwirtschaft in all ihren Fassetten dar. Um die schieren Mengen an Getreide oder Milch liefern zu können, die eine Welt mit zunehmendem Wohlstand benötigt, werden heute in großen Teilen der Welt Landmaschinen im Wert von vielen hundertausend Euro über hektargroße Monokulturen bewegt. Kühe werden als Teil von vollautomatisierten Stall- und Melkanlagen zu hunderten ›lebenden Milchmaschinen‹; kaum jemand denkt noch daran, dass deren Milch eigentlich die Nahrung ihrer Kälber in den ersten Lebensmonaten darstellt. Ursprünglich wohl durch die Ölkrisen der70er Jahre, sowieso durch Umweltkatastrophen wie in Tschernobyl geprägt, entstanden in Europa zahlreiche Ökobewegungen, denen neben späteren Parteien auch heute erfolgreiche Unternehmen wie der Waldviertler Gewürz- und Kräuterhersteller Sonnentor entsprangen. Biologische Lebensmittel sind aus heutigen Supermärkten nicht mehr wegzudenken und vor allem jene, die mit Verantwortung für Flora und Fauna erzeugt werden, haben spätestens seit den Covid-Lieferengpässen die Relevant lokaler, qualitativ hochwertiger Lebensmittel klar gemacht. Auch die bewusste Entscheidung gegen den Konsum von Fleisch, gerade in den großen Mengen wie heute üblich, entstammt diesen ›Ur-Öko-Bewegungen‹, hat aber in gerade in den letzten Jahren spürbar in seiner Breite zugenommen. Die bereits angesprochene Regionalisierung, aber auch so aktuelle Themen wie die ›Slow Culture‹ oder die Gemeinwohlökonomie, entgegen dem Kapitalismus-Rausch nach immer mehr in immer kürzerer Zeit sind die Resultate der großen Gegensätze von hyperindustrialisierter Landwirtschaft und dem Trend zur umweltschonenden Bio-Landwirtschaft.